27. Oktober 2018
Es war der Nachmittag kurz vor dem ausverkauften Konzert in der Olympiahalle – zeitlich irgendwo kurz vor der letzten Soundprobe. Eigentlich war er bereits auf dem Sprung zur Location, hatte uns dann aber doch noch für eine halbe Stunde dazwischen geschoben. Er machte aber in keiner Weise einen nervösen Eindruck, ganz im Gegenteil, er wirkte entspannt und gelassen, als wir für das Interview in einen Gala-Saal des Bayerischen Hofs auswichen, in dem das Personal gerade für ein großes Event eindeckte. Eine zeitlang schien es sogar so, als wäre Steve bei unserem Interview ein wenig zu relaxed und ein wenig zu routiniert. Erst als die Sprache auf seine ersten Synthesizer- und Modularsysteme kam, stieg spürbar die Begeisterung, die er in die Beantwortung unserer Fragen legte.
Peter:
Hallo Steve! Toll, dass du dir noch kurz vor dem Konzert für uns Zeit genommen hast. Du hast den Sound von Toto mit deinen Keyboards und Synthesizern entscheidend mitgeprägt. Deshalb interessieren uns tatsächlich deine ersten Schritte in die Welt der elektronischen Musik? Hast du mit einem Keyboard angefangen oder war es doch der klassische amerikanische Einstieg mit einer E-Gitarre?
Steve Porcaro:
Nein, ich habe mit Keyboards angefangen. In meiner Familie hat eigentlich jeder Schlagzeug gespielt, mein Vater war Profi-Schlagzeuger. 1964, nein, es war später – 1964 habe ich zum ersten mal die Beatles in der Ed Sullivan Show gesehen und das war für mich ein einschneidendes Erlebnis! Also 1968 habe ich angefangen, Sounds im Radio zu hören, von denen ich nicht wusste, woher sie kamen, also elektronische Sounds. Ich bin Jahrgang 1957, damals war ich also 11 Jahre alt, als ich begann „Switched on Bach“ zu hören. „Switched on Bach“ war mein Ding, ich war sofort verliebt darin, weniger in die klassische Musik von Bach als vielmehr in die Sounds. Ebenso „lebensverändernd“ war für mich das erste Album von Emerson, Lake and Palmer und vor allem die Band mit Keith Emerson 1971 live zu erleben.
Peter:
Weißt du zufällig noch, welches Keyboard Keith Emerson damals auf der Bühne benutzt hat?
Steve Porcaro:
Absolut, das war ein Moog 1C, ein Moog Cabinet, ein Modularsystem – er spielte immer Moog. Bevor sie mit den Gitarrensounds anfingen, man wollte damals nicht sofort mit dem gesamten Soundkörper loslegen, kam Keith Emersons Techniker auf die Bühne und spielte diesen ganz tiefen, brummige Sound, der dann langsam moduliert wurde und anstieg. Ich dachte mir damals: „What the fuck!? Was war das?“. Es kam so laut aus den Lautsprechern heraus, es hat mein Leben verändert! Mein Vater war Studiomusiker in L.A. bei Paul Beaver, der all die Moog-Sachen in L.A. produziert hat. Er hat für TV-Shows und Quincy Jones gearbeitet, Main Titles für Filmproduktionen geschrieben. Paul Beaver war damals DER Ansprechpartner, um Studiomusiker anzumieten. Mein Vater stellte mich ihm vor, ich hatte gerade meinen Führerschein gemacht und ich durfte für ihn arbeiten. Für mich war das damals eine Zeit voll von Sessions, ich habe nicht richtig gearbeitet, habe faul herumgelungert. Mit 17 Jahren war ich kurz davor, die Abschlussklasse zu besuchen. Ich wollte aber „on the road“ gehen, deshalb habe ich angefangen, bei Bands vorzuspielen.
Peter:
Als Keyboarder?
Steve Porcaro:
Ja, genau!
Peter:
Lass mich nochmals einen Schritt zurück gehen. Du sagtest, du hast Erfahrungen mit diesem wundervollen MOOG Sound gemacht. Wie muss man sich das vorstellen? Du konntest dir doch sicher noch keinen eignen Moog leisten. Wie bist du da rangekommen?
Steve Porcaro:
Damals gab es das Guitar-Center in L.A., das war der einzige Platz, wo sie dich Synthesizer spielen ließen. Dort hatten sie einen ARP 2600, den durfte jeder ausprobieren. Es gab auch einen anderen Laden, das „Wallex Music City“ am Sunset Boulevard. Deren Motto beim Minimoog lautete: „Zeig mir erst dein Geld, dann darfst du das Gerät mal berühren!“ Dann wurde der Mini Moog erst aus dem Hinterzimmer herausgeholt. Aber im Guitar-Center ließen sie dich tatsächlich damit spielen!
Ich hatte einen High School Freund, der Synthesizer besaß, darunter einen Minimoog, einen Oberheim SEM und er hatte einen Oberheim DS2, das war sein Setup. Für einen Highschool Boy war das unglaublich, wenn man bedenkt, was diese Dinger kosteten.
Eines Abends, als wir mit der Band einen Auftritt bei einem Tanzabend hatten, habe ich mir für 15 $ pro Abend einen ARP ODYSSEY geliehen.
Peter:
Und was war dein erster eigener Synth?
Steve Porcaro: Mein erster eigener Synthesizer? Als ich 17 war und gerade im Abschluss der Senior Highschool steckte, gab es Proben für einen Gig bei Gary Wright. Ein Kumpel lieh mir für diese Audition seinen Minimoog, die meiste Zeit spielte ich während der Proben den Moog Bass. Es war eine sehr leichte Probe – und ich bekam den Job! Daraufhin lieh mir mein Bruder Mike das Geld, um für einen erschwinglichen Preis die Geräte von meinem Kumpel abzukaufen. Er wollte sich mehr auf das Grand Piano konzentrieren. Und so erstand ich einen Minimoog, ein SEM Modul und einen Sequencer. Als ich den Zuschlag für den Gig bekam, war das alles an Equipment, was ich hatte und damit fing ich an, Sessions zu spielen.
Peter:
Vor allem mit dem Minimoog, oder?
Steve Porcaro: Ja, das war ein richtig cooles Exemplar mit „edged panels and clear pitch-wheels“
Peter:
War das für dich damals cooler als ein ARP Odyssey?
Steve Porcaro: Ja klar, es war ein ja Moog, der diesen ganz speziellen Sound hatte, er klang so satt!
Peter:
Wie sahen deine weiteren Schritte aus?
Steve Porcaro: Der nächste große Schritt in meinem Leben war die Zusammenarbeit mit Gary White. Er war damals einer der ersten Nutzer, der einen Oberheim Four-Voice hatte. Das Teil zu spielen war wirklich gewaltig. Eine andere große Sache war folgende, ich war damals gerade 17 Jahre alt und das das Ding war, wir tauchten einfach bei den Leon Russels Studios in Tulsa, Oklahoma auf. Ich war schon immer ein großer Fan von Leon Russels, hatte ihn aber zuvor noch nie persönlich kennengelernt. Er hatte lange Zeit als Studiomusiker in L.A. verbracht, aber dort in Tulsa besaß er ein eigenes Aufnahmestudio und ich konnte ihn treffen. Er hatte bei sich zu Hause ein sehr professionelles Recording Studio mit zwei 48-Track-Stevens-Mischpulten. Außerdem gab es im Studio eine Hammond Orgel, einen Steinway Flügel, eine perfekte Thunder Road, ein Clavinet und – man bedenke, es war das Jahr 1975! – in einem abgetrennten Raum, der extra dafür gebaut worden war, ein gigantisches Modular E-MU System. Und wer hat die ganzen Dinger bedient?! Wer hat also das Engeneering gemacht – Maintanance am Equipment und die Synthesizer Programmierung?!? Roger Linn! Roger war dort der Mittelpunkt von allem, Roger war Leon’s Guy!
Peter:
Cool! Ich durfte ihn vor zwei Jahren auch kennenlernen, bei der Vorstellung seines neuesten Produkets.
Steve Porcaro: Das war das erste Mal, dass ich Roger Linn traf, das war so 1975 – mit Roger hatte ich eine ganz besondere Freundschaft! Er war derjenige, der die Story vorantrieb. Danach begann langsam die Sache mit Toto, nach einigen Jahren bei Gary Wright spielte ich bei Boz Scaggs die Minimoog Parts.
Peter:
Wann wurde dir klar, dass deine Zukunft im Bereich der Profimusiker sein würde?
Steve Porcaro: Das wusste ich schon sehr früh! Aber spätestens als ich sah, dass meine Brüder schon lange Zeit erfolgreich als Profimusiker arbeiteten, mein erster Bruder Jeff als Drummer und Mike als Bassist. Bereits mir Beendigung der Highschool waren sie sehr erfolgreich. Da dachte ich mir, ich will auch machen, was sie machen. Ich sah mich also um, aber wenn du Studio-Keyboarder werden wolltest, waren dein Konkurrenten David Paich, David Foster oder Michael Omartian, also einfach all diese Typen, die einfach top waren. Aber ich habe schnell dieses Synthesizer-Ding festgestellt … je besser ein Spieler damals war, desto weniger wusste er Bescheid über Synthesizer. Zumindest war das damals so, heute entspricht das nicht mehr der Wahrheit, aber damals war das absolut so. Ich hatte also diese „Nische“ entdeckt. Da waren wirklich nicht viele, die sich mit Synths auskannten wie Michael Boddicker oder Ian Underwood, aber vor allem diese Filmmusiker waren damals mit Synthies unterwegs, aber nicht in der Record-Szene. Vor den Jungs wie David Foster und David Paich hatte ich echt Angst, da ich dachte, sie würden meine Konkurrenz sein, aber sie wollten mich für ihre Sessions engagieren, ich wurde ihr Programmierer, weil meine Arbeit sie überzeugte. Sie liebten es, dass sie sich durch mich keine Sorgen mehr um ihre Synthesizer mehr machen mussten. Aber natürlich war ich kein totaler Nerd, was hippe Musik anging! Ich konnte schon ein wenig spielen, eigentlich sogar richtig gut, für jemanden der so viel über Synthesizer wusste. Und natürlich auch umgekehrt – das funktionierte für mich gut in beide Richtungen.
In L.A. sah ich tatsächlich diese Möglichkeit, denn unter all den weltberühmten Musikern gab es nicht viele Künstler, die sich auf Synthies spezialisiert hatten und so konzentrierte ich mich darauf. Und genau so habe ich mich auch in meiner Band auch auf diesen Job fokussiert. Es gab ja bereits einen anderen Keyboard-Player – einen faszinierenen Piano-Player, Hammond-Player, Rhodes-Player und Clavinet-Player: David Paich. Was ich auf den Tisch legen konnte, war mein Synthesizer-Wissen.
Mit TOTO kam der Prophet-5, kurz danach der CS80, der sehr berühmt wurde in unserer Musik. Der große Deal aber war auf unserem zweiten Album, als ich mein Modular-System bekam, das war wirklich total wichtig!
Peter:
Ein Original Moog? (ich spreche es mit „u“ aus)
Stever Porcaro:
Korrekt ausgesprochen heißt es Moog. (betont das „o“)
(ich lache, Steve bleibt ernst)
Steve Porcaro: Nein, es war kein Moog, es war ein Polyfusion, der war alles, was ich wollte.
Du weißt, mein erstes System war ein Minimoog und ein Oberheim DS2, der Sequencer, den ich für ganz viele Sessions eingesetzt habe. Ein Minimoog und ein DS2. Das funktionierte ganz einfach. Du hast die Pattern geladen, wechselste die Geschwindigkeit, änderteste die Akkordfolge und schriebst die Harmonien auf. Ich habe das auf meine ganz eigene Weise eingesetzt und die Jungs liebten es, wie ich damit umging.
Damals hatte ich gerade begonnen, arrangieren und Orchestrierung zu studieren – auch wie du Harmonien schreibst für eine Big Band mit Saxophon und Bläsern. Da war klar, es wäre doch toll, einen Sequencer mit 8 Spuren zu haben. Da erschien der Roland Microcomposer (MC-8) mit 8-Spuren, das war, bevor MIDI herauskam, du brauchtest dazu also auch 8 Synthesizer. Und statt acht Synthesizer anzuschaffen, entschied ich mich für ein richtig großes Polyfusion-System. Das war ungefähr so, als hättest du 8 Minimoogs angeschlossen. Das war besser, als einfach noch einen und noch einen Moog zu haben.
Von Toto bis Michael Jackson
Ich weiß noch genau, wie ich 1982 erstmals TOTO hörte. Damals war soeben das Album TOTO IV erschienen und lief im Radio rauf und runter. Vor allem ROSANNA und AFRICA hatten mich sofort in ihren Bann gezogen. Von da ab war ich definitiv „totofiziert“. 36 Jahre später stehe ich in München im Hotel Bayerischen Hof und bin kurz davor, Steve Porcaro zu treffen, der mit seinen Keyboard- und Synthesizer-Lines den Sound der Band entscheidend mitgeprägt hat. Unser neuer AMAZONA.de-Mitarbeiter, Norbert Prager, hatte die entscheidenden Kontakte, um mir diesen lang ersehnten Interview-Wunsch zu erfüllen (an dieser Stelle nochmals ein dickes Danke, Norbert!!!).Es war der Nachmittag kurz vor dem ausverkauften Konzert in der Olympiahalle – zeitlich irgendwo kurz vor der letzten Soundprobe. Eigentlich war er bereits auf dem Sprung zur Location, hatte uns dann aber doch noch für eine halbe Stunde dazwischen geschoben. Er machte aber in keiner Weise einen nervösen Eindruck, ganz im Gegenteil, er wirkte entspannt und gelassen, als wir für das Interview in einen Gala-Saal des Bayerischen Hofs auswichen, in dem das Personal gerade für ein großes Event eindeckte. Eine zeitlang schien es sogar so, als wäre Steve bei unserem Interview ein wenig zu relaxed und ein wenig zu routiniert. Erst als die Sprache auf seine ersten Synthesizer- und Modularsysteme kam, stieg spürbar die Begeisterung, die er in die Beantwortung unserer Fragen legte.
Peter:
Hallo Steve! Toll, dass du dir noch kurz vor dem Konzert für uns Zeit genommen hast. Du hast den Sound von Toto mit deinen Keyboards und Synthesizern entscheidend mitgeprägt. Deshalb interessieren uns tatsächlich deine ersten Schritte in die Welt der elektronischen Musik? Hast du mit einem Keyboard angefangen oder war es doch der klassische amerikanische Einstieg mit einer E-Gitarre?
Steve Porcaro:
Nein, ich habe mit Keyboards angefangen. In meiner Familie hat eigentlich jeder Schlagzeug gespielt, mein Vater war Profi-Schlagzeuger. 1964, nein, es war später – 1964 habe ich zum ersten mal die Beatles in der Ed Sullivan Show gesehen und das war für mich ein einschneidendes Erlebnis! Also 1968 habe ich angefangen, Sounds im Radio zu hören, von denen ich nicht wusste, woher sie kamen, also elektronische Sounds. Ich bin Jahrgang 1957, damals war ich also 11 Jahre alt, als ich begann „Switched on Bach“ zu hören. „Switched on Bach“ war mein Ding, ich war sofort verliebt darin, weniger in die klassische Musik von Bach als vielmehr in die Sounds. Ebenso „lebensverändernd“ war für mich das erste Album von Emerson, Lake and Palmer und vor allem die Band mit Keith Emerson 1971 live zu erleben.
Peter:
Weißt du zufällig noch, welches Keyboard Keith Emerson damals auf der Bühne benutzt hat?
Steve Porcaro:
Absolut, das war ein Moog 1C, ein Moog Cabinet, ein Modularsystem – er spielte immer Moog. Bevor sie mit den Gitarrensounds anfingen, man wollte damals nicht sofort mit dem gesamten Soundkörper loslegen, kam Keith Emersons Techniker auf die Bühne und spielte diesen ganz tiefen, brummige Sound, der dann langsam moduliert wurde und anstieg. Ich dachte mir damals: „What the fuck!? Was war das?“. Es kam so laut aus den Lautsprechern heraus, es hat mein Leben verändert! Mein Vater war Studiomusiker in L.A. bei Paul Beaver, der all die Moog-Sachen in L.A. produziert hat. Er hat für TV-Shows und Quincy Jones gearbeitet, Main Titles für Filmproduktionen geschrieben. Paul Beaver war damals DER Ansprechpartner, um Studiomusiker anzumieten. Mein Vater stellte mich ihm vor, ich hatte gerade meinen Führerschein gemacht und ich durfte für ihn arbeiten. Für mich war das damals eine Zeit voll von Sessions, ich habe nicht richtig gearbeitet, habe faul herumgelungert. Mit 17 Jahren war ich kurz davor, die Abschlussklasse zu besuchen. Ich wollte aber „on the road“ gehen, deshalb habe ich angefangen, bei Bands vorzuspielen.
Peter:
Als Keyboarder?
Steve Porcaro:
Ja, genau!
Peter:
Lass mich nochmals einen Schritt zurück gehen. Du sagtest, du hast Erfahrungen mit diesem wundervollen MOOG Sound gemacht. Wie muss man sich das vorstellen? Du konntest dir doch sicher noch keinen eignen Moog leisten. Wie bist du da rangekommen?
Steve Porcaro:
Damals gab es das Guitar-Center in L.A., das war der einzige Platz, wo sie dich Synthesizer spielen ließen. Dort hatten sie einen ARP 2600, den durfte jeder ausprobieren. Es gab auch einen anderen Laden, das „Wallex Music City“ am Sunset Boulevard. Deren Motto beim Minimoog lautete: „Zeig mir erst dein Geld, dann darfst du das Gerät mal berühren!“ Dann wurde der Mini Moog erst aus dem Hinterzimmer herausgeholt. Aber im Guitar-Center ließen sie dich tatsächlich damit spielen!
Ich hatte einen High School Freund, der Synthesizer besaß, darunter einen Minimoog, einen Oberheim SEM und er hatte einen Oberheim DS2, das war sein Setup. Für einen Highschool Boy war das unglaublich, wenn man bedenkt, was diese Dinger kosteten.
Eines Abends, als wir mit der Band einen Auftritt bei einem Tanzabend hatten, habe ich mir für 15 $ pro Abend einen ARP ODYSSEY geliehen.
Peter:
Und was war dein erster eigener Synth?
Steve Porcaro: Mein erster eigener Synthesizer? Als ich 17 war und gerade im Abschluss der Senior Highschool steckte, gab es Proben für einen Gig bei Gary Wright. Ein Kumpel lieh mir für diese Audition seinen Minimoog, die meiste Zeit spielte ich während der Proben den Moog Bass. Es war eine sehr leichte Probe – und ich bekam den Job! Daraufhin lieh mir mein Bruder Mike das Geld, um für einen erschwinglichen Preis die Geräte von meinem Kumpel abzukaufen. Er wollte sich mehr auf das Grand Piano konzentrieren. Und so erstand ich einen Minimoog, ein SEM Modul und einen Sequencer. Als ich den Zuschlag für den Gig bekam, war das alles an Equipment, was ich hatte und damit fing ich an, Sessions zu spielen.
Peter:
Vor allem mit dem Minimoog, oder?
Steve Porcaro: Ja, das war ein richtig cooles Exemplar mit „edged panels and clear pitch-wheels“
Peter:
War das für dich damals cooler als ein ARP Odyssey?
Steve Porcaro: Ja klar, es war ein ja Moog, der diesen ganz speziellen Sound hatte, er klang so satt!
Peter:
Wie sahen deine weiteren Schritte aus?
Steve Porcaro: Der nächste große Schritt in meinem Leben war die Zusammenarbeit mit Gary White. Er war damals einer der ersten Nutzer, der einen Oberheim Four-Voice hatte. Das Teil zu spielen war wirklich gewaltig. Eine andere große Sache war folgende, ich war damals gerade 17 Jahre alt und das das Ding war, wir tauchten einfach bei den Leon Russels Studios in Tulsa, Oklahoma auf. Ich war schon immer ein großer Fan von Leon Russels, hatte ihn aber zuvor noch nie persönlich kennengelernt. Er hatte lange Zeit als Studiomusiker in L.A. verbracht, aber dort in Tulsa besaß er ein eigenes Aufnahmestudio und ich konnte ihn treffen. Er hatte bei sich zu Hause ein sehr professionelles Recording Studio mit zwei 48-Track-Stevens-Mischpulten. Außerdem gab es im Studio eine Hammond Orgel, einen Steinway Flügel, eine perfekte Thunder Road, ein Clavinet und – man bedenke, es war das Jahr 1975! – in einem abgetrennten Raum, der extra dafür gebaut worden war, ein gigantisches Modular E-MU System. Und wer hat die ganzen Dinger bedient?! Wer hat also das Engeneering gemacht – Maintanance am Equipment und die Synthesizer Programmierung?!? Roger Linn! Roger war dort der Mittelpunkt von allem, Roger war Leon’s Guy!
Peter:
Cool! Ich durfte ihn vor zwei Jahren auch kennenlernen, bei der Vorstellung seines neuesten Produkets.
Steve Porcaro: Das war das erste Mal, dass ich Roger Linn traf, das war so 1975 – mit Roger hatte ich eine ganz besondere Freundschaft! Er war derjenige, der die Story vorantrieb. Danach begann langsam die Sache mit Toto, nach einigen Jahren bei Gary Wright spielte ich bei Boz Scaggs die Minimoog Parts.
Peter:
Wann wurde dir klar, dass deine Zukunft im Bereich der Profimusiker sein würde?
Steve Porcaro: Das wusste ich schon sehr früh! Aber spätestens als ich sah, dass meine Brüder schon lange Zeit erfolgreich als Profimusiker arbeiteten, mein erster Bruder Jeff als Drummer und Mike als Bassist. Bereits mir Beendigung der Highschool waren sie sehr erfolgreich. Da dachte ich mir, ich will auch machen, was sie machen. Ich sah mich also um, aber wenn du Studio-Keyboarder werden wolltest, waren dein Konkurrenten David Paich, David Foster oder Michael Omartian, also einfach all diese Typen, die einfach top waren. Aber ich habe schnell dieses Synthesizer-Ding festgestellt … je besser ein Spieler damals war, desto weniger wusste er Bescheid über Synthesizer. Zumindest war das damals so, heute entspricht das nicht mehr der Wahrheit, aber damals war das absolut so. Ich hatte also diese „Nische“ entdeckt. Da waren wirklich nicht viele, die sich mit Synths auskannten wie Michael Boddicker oder Ian Underwood, aber vor allem diese Filmmusiker waren damals mit Synthies unterwegs, aber nicht in der Record-Szene. Vor den Jungs wie David Foster und David Paich hatte ich echt Angst, da ich dachte, sie würden meine Konkurrenz sein, aber sie wollten mich für ihre Sessions engagieren, ich wurde ihr Programmierer, weil meine Arbeit sie überzeugte. Sie liebten es, dass sie sich durch mich keine Sorgen mehr um ihre Synthesizer mehr machen mussten. Aber natürlich war ich kein totaler Nerd, was hippe Musik anging! Ich konnte schon ein wenig spielen, eigentlich sogar richtig gut, für jemanden der so viel über Synthesizer wusste. Und natürlich auch umgekehrt – das funktionierte für mich gut in beide Richtungen.
In L.A. sah ich tatsächlich diese Möglichkeit, denn unter all den weltberühmten Musikern gab es nicht viele Künstler, die sich auf Synthies spezialisiert hatten und so konzentrierte ich mich darauf. Und genau so habe ich mich auch in meiner Band auch auf diesen Job fokussiert. Es gab ja bereits einen anderen Keyboard-Player – einen faszinierenen Piano-Player, Hammond-Player, Rhodes-Player und Clavinet-Player: David Paich. Was ich auf den Tisch legen konnte, war mein Synthesizer-Wissen.
Mit TOTO kam der Prophet-5, kurz danach der CS80, der sehr berühmt wurde in unserer Musik. Der große Deal aber war auf unserem zweiten Album, als ich mein Modular-System bekam, das war wirklich total wichtig!
Peter:
Ein Original Moog? (ich spreche es mit „u“ aus)
Stever Porcaro:
Korrekt ausgesprochen heißt es Moog. (betont das „o“)
(ich lache, Steve bleibt ernst)
Steve Porcaro: Nein, es war kein Moog, es war ein Polyfusion, der war alles, was ich wollte.
Du weißt, mein erstes System war ein Minimoog und ein Oberheim DS2, der Sequencer, den ich für ganz viele Sessions eingesetzt habe. Ein Minimoog und ein DS2. Das funktionierte ganz einfach. Du hast die Pattern geladen, wechselste die Geschwindigkeit, änderteste die Akkordfolge und schriebst die Harmonien auf. Ich habe das auf meine ganz eigene Weise eingesetzt und die Jungs liebten es, wie ich damit umging.
Damals hatte ich gerade begonnen, arrangieren und Orchestrierung zu studieren – auch wie du Harmonien schreibst für eine Big Band mit Saxophon und Bläsern. Da war klar, es wäre doch toll, einen Sequencer mit 8 Spuren zu haben. Da erschien der Roland Microcomposer (MC-8) mit 8-Spuren, das war, bevor MIDI herauskam, du brauchtest dazu also auch 8 Synthesizer. Und statt acht Synthesizer anzuschaffen, entschied ich mich für ein richtig großes Polyfusion-System. Das war ungefähr so, als hättest du 8 Minimoogs angeschlossen. Das war besser, als einfach noch einen und noch einen Moog zu haben.
via AMAZONA.de
https://www.amazona.de
https://ift.tt/2CP8Yez